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Die oft falsch verstandene bedürfnisorientierte Erziehung meint, dass alles, was das Kind haben will, im Familienalltag erfüllt werden muss. Schließlich geht es doch hier um ein Bedürfnis oder? Geht es das wirklich?
Bedürfnisse auszudrücken ist eine große Fähigkeit, die selbst viele Erwachsene nicht beherrschen. Sie haben nie gelernt, ihre wahren Bedürfnisse wahrzunehmen, geschweige denn, sie auszudrücken und Verantwortung dafür zu übernehmen. Was die meisten Erwachsenen und auch Eltern stattdessen tun: sie drücken ihre Bedürftigkeit aus. Bedürftigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass etwas sofort erfüllt werden "muss". Es steckt ein Mangel dahinter und zeitgleich eine Dringlichkeit, diesen Mangel, dieses unangenehme Gefühl zu beseitigen. Ein Bedürfnisaufschub ist nicht möglich oder kaum auszuhalten. Es geht soweit, dass jedes Mal, wenn das Bedürfnis nicht erfüllt wird, die Schuld ins Außen, auf das Umfeld, den Partner oder die Kinder projiziert wird. Schlechte Laune, hohe Ladung und Konflikte sind die weitere Folge. Vielleicht kommt Dir genau dieses Verhalten auch bekannt vor: entweder von Dir selbst, Deiner/m PartnerIn oder Deiner Eltern-Kind-Beziehung. Bedürftige übernehmen keine Verantwortung für die eigene Erfüllung ihrer Bedürfnisse, sondern sie sehen sich selbst als Opfer der anderen oder des Lebens.
Es ist sehr wichtig, Bedürftigkeit in uns selbst und schließlich auch bei unseren Kindern zu erkennen, um diese nicht fälschlicherweise mit echten Bedürfnissen zu verwechseln. Die meisten Bedürftigkeiten der Kinder (und Erwachsenen) sind erzeugt - gemacht, vom Außen, vom Umfeld, der Gesellschaft, der Wirtschaft... Fast nichts, was die Kinder heutzutage HABEN wollen, trägt in irgendeiner Weise zur ihrem verantwortlichen Umgang mit ihren eigenen Bedürfnissen bei. Diese produzierte Art von Bedürftigkeiten ist gewollt, züchtet sie doch eine ganze Generation von NEEDIES (Bedürftigen) heran, die mit sich selbst überfordert sind. Sie sind später unglückliche, aber verlässliche Konsumenten und erhalten dadurch unser System am Laufen. Sie hinterfragen nicht, bleiben zeitlebens abhängig und haben aufgrund ihrer ständigen Bedürftigkeiten auch keine Zeit, sich dem wirklich Wichtigen zuzuwenden: der sinnhaften Lebensgestaltung, dem Nachspüren, dem Gemeinwohl oder dem Beitrag-Sein für andere.
Ich frage Dich: Wünschst Du Dir das für Dein Kind?
Nein?? Dann ist es an der Zeit zu verstehen, was Bedürfnisse eigentlich sind. Und es ist an der Zeit, Bedürftigkeiten nicht mehr zu nähren. Das Opfersein nicht mehr zu unterstützen. Auf den
Mangel nicht mehr zu reagieren. NEIN zu sagen! Deine Unterstützung für dieses System zu verwehren. Und Dein Kind durch diesen Schmerz des Opfers und des Mangels zu begleiten, aus dem heraus es
erst in Kontakt mit seinen wahren Bedürfnissen kommen kann. Ja Du hast richtig gehört: DEIN KIND DURCH SEINEN MANGEL ZU BEGLEITEN.
Wahre Bedürfnisse schaffen VERBINDUNG und sie sind die Grundlage und Antrieb für das SINNHAFTE GESTALTEN UNSERES SEINS und des Lebens.
Ein Mensch, der mit seinen Bedürfnissen verbunden ist...
- agiert selbst und stellt die Weichen, um seine Bedürfnisse zu erfüllen (handelt also selbstverantwortlich, kreiert, kommt in die Manifestation und hat Visionen)
- agiert aus seinem Erwachsenen-Ich (anstatt aus dem bedürftigen Kind-Ich)
- agiert aus der Freude der Bedürfniserfüllung (anstatt aus dem Mangel)
- kann sich Selbstempathie geben für ein (noch) nicht erfülltes Bedürfnis (anstatt anderen die Schuld zu geben)
- kann abwarten, bis die Zeit reif ist, damit das Bedürfnis sich wie gedacht und mit Leichtigkeit erfüllen kann
Siehst Du den Unterschied zur Bedürftigkeit?
Viel zu schnell meinen wir als Eltern aus einem gutgemeintem Impuls heraus, unseren Kindern zu helfen, damit ihre Bedürfnisse bzw. eher ihre Bedürftigkeiten erfüllt sind, damit unsere Kinder in keinem Fall irgendwelche "emotionalen Schmerzen" ertragen oder davontragen müssen. Gleichzeitig nehmen wir ihnen aber damit die Möglichkeit, genau das zu tun, was ich eben im letzten Abschnitt beschrieben habe. Wir füttern damit ihre Opferhaltung, ihre Bedürftigkeit und verhindern, dass sie selbst die Fähigkeiten und die Stärke entwickeln, ihre Bedürfnisse zu sehen, zu erkennen, auszudrücken und kreative Strategien zu ihrer Erfüllung zu entwickeln.
Ich meine damit nicht, dass wir unsere Kinder im Stich lassen sollen. Sondern es geht genau darum, diesen Prozess des SELBST-TUNS zu begleiten - wie Maria Montessori es ausdrückte: "Hilf mir, es selbst zu tun."
Hier erkläre ich Dir wie Du Dein Kind unterstützen kannst:
- Hilf Deinem Kind sein wahres Bedürfnis zu erkennen. Indem Du zuallererst eine Ahnung davon bekommst, um welches Bedürfnis es wirklich geht.
- Hilf Deinem Kind dann, dieses Bedürfnis auszudrücken und wirklich zu fühlen.
- Hilf Deinem Kind dabei, sich selbst Empathie für den gefühlten Mangel zu geben. Seine Gefühle zu verarbeiten und ihnen Raum zu geben (durch Malen, Schreiben, Weinen, Reden). Dafür ist wichtig, dass DU ALS ELTERNTEIL erlaubst, dass diese Gefühle da sein dürfen (Ganz wichtig: Du bleibst dabei in der Neutralität!!)
- Hilf Deinem Kind dabei, Strategien zu entwickeln, sein Bedürfnis selbst zu erfüllen. Das darf lustig sein und Freude machen. Eurer Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Lehre Dein
Kind, groß und ohne Limitationen zu denken!
Ihr könnt jede Strategie auf einen Zettel schreiben, ihr könnt auch das Universum bitten, Euch eine richtig gute Idee zukommen zu lassen, vielleicht in der nächsten Nacht...?
Spürst Du, welche Energie das verbreitet? Es ist keine Energie des Mangels mehr, sondern eine hohe Energie der Erwartung, der Freude, des Gestaltens, der Selbstwirksamkeit. Genau diese Energie gilt es in den Kindern immer wieder zu entwickeln und zu stärken.
Aber es geht auch darum, diesen Umgang mit Bedürfnissen vorzuleben.In erster Linie darfst Du Dich also auch selbst hinterfragen, wo und wann Du noch in der Bedürftigkeit hängst, und darfst den
Prozess erstmal für Dich selbst durchlaufen. Du darst Deinen kindern Deine Gefühle zeigen, die Du hast, wenn ein Bedürfnis nicht erfüllt ist. Du darfst ihnen auch zeigen, wie Du Dir selbst
Einfühlung und Empathie dafür gibst. So lernen sie direkt von Dir und werden es nachmachen.
Woran erkennt man am Ende, dass man keine Bedürftigkeiten mehr ausstrahlt?
Ganz einfach: man hört auf, zu manipulieren, um etwas zu bekommen. Denn die meisten Menschen wenden manipulative Strategien an, damit der Mangel aufhört. Ich kann z.B. nicht allein sein, also werde ich so lange jammern, bis meine Kinder oder mein Partner zu Hause bleiben. Oder Dein Teenie möchte unbedingt die neuen Sneakers haben: also wird er so lange betteln, nerven und Dich überreden oder sogar beschimpfen, bis Du schließlich aufgibst/nachgibst. Bedürftige machen oft Schuldzuweisungen und nutzen Moral und Schlechtes Gewissen der anderen für ihre Zwecke. Manchmal ganz offensichtlich und in einem sichtbaren Drama, manchmal sehr subtil und hinterhältig, durch Liebesentzug, Schmollen, Dominanz...
Daher finde ich es doppelt wichtig, dass wir Bedürftigkeiten in der Erziehung nicht weiter nähren, denn sie produzieren ungleiche Beziehungen, in denen einer den anderen dominiert. In denen
eine/r seine Macht ausspielt, in denen Gewalt als Form der Manipulation genutzt wird. Das trägt ganz sicher nicht zum höchsten Wohl aller bei.
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In dieser Ausbildung werden wir uns viel mit Bedürfnissen und mit den Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation beschäftigen und erst einmal unsere eigene Bedürftigkeit reflektieren und klären. Um dann auch in der Familie und im außen anders mit Bedürftigkeiten umgehen zu können.
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